Als kleines Kind träumte Jens Eike Albrecht davon, irgendwann selbst die Nummer eines Trikots auf dem Spielfeld zu tragen – heute, mit 33 Jahren, lebt er diesen Traum im Rollstuhlbasketball auf beeindruckende Weise aus.
Jens, geboren in Bebra und mittlerweile in Erfurt zuhause, erzielte seine ersten sportlichen Erfolge beim Tischtennisverein TTV Weiterode. Eine Verschlechterung seiner Gehfähigkeit brachte ihn schließlich zum Rollstuhlbasketball – die Sportart, die ihn seither nicht mehr losgelassen hat. Nach seinem Einstieg in Bad Hersfeld und weiteren Stationen in Gotha, Frankfurt und Jena ist er heute eine feste Größe bei den RSB Thuringia Bulls in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga.
Besonders auf seiner Reise geprägt haben Jens Eike Albrecht seine Eltern, die ihm den Weg in den Sport ermöglicht haben, sowie seine Mentoren Werner Könnecke und Marco Pompe, die ihn von jungen Jahren an unterstützten und förderten.
Im folgenden Interview berichtet der Athlet über seinen Weg, die Herausforderungen, die er gemeistert hat, und die Menschen, die ihn geprägt haben.
Was hat dich motiviert, an den Paralympics teilzunehmen?
Der Weg zu den Paralympics ist für jeden Athleten, der im Leistungssport unterwegs ist, das große Ziel. Es ist das Event, auf welches ich viele Jahre hinweg kontinuierlich und so gut wie jeden Tag hingearbeitet und trainiert habe.
Welche Erfahrungen hast du auf deinem Weg zu den Paralympics gewonnen?
Die Spiele in Paris werden meine zweiten nach denen in Tokio sein. Es ist der Beweis, dass sich die Disziplin und die tägliche Arbeit an meinem Ziel ausgezahlt hat.
Gab es einen bestimmten Moment, in dem du entschieden hast, den Weg des Leistungssports einzuschlagen?
Das war ein fließender Prozess. Am Anfang habe ich natürlich mit Basketball angefangen, weil es mir hauptsächlich Spaß gemacht hat und ich alle anderen Dinge vergessen konnte. Mit der Zeit wurde ich immer besser und als klar war, dass ich es schaffen kann, von meinem Hobby in den Leistungssport zu gehen, bedurfte es da gar keiner Entscheidung mehr.
Wie sieht dein typischer Trainingstag vor den Paralympics aus?
Ein typischer Trainingstag in der unmittelbaren Vorbereitung auf Paris 2024 sieht so aus:
7.00 Uhr: aufstehen
7.15 Uhr: Laktat und Blutanalyse, danach Frühstück
9.00 Uhr: Training-Session 1 bis ungefähr 11 Uhr
12.00 Uhr: Mittagessen
15.00 Uhr bis ca. 17.00 Uhr: Training-Session zwei
Anschließend Abendessen sowie Meeting und Videoanalyse
Wie bereitest du dich vor – hast du einen Geheimtipp?
Kein Geheimtipp, aber: dranbleiben und immer weiter machen. Diszipliniert sein und sich sein Ziel immer wieder vor Augen führen.
Wie empfindest du die Atmosphäre bei den Vorbereitungen zu den Paralympics im Vergleich zu anderen Wettkämpfen?
Unser Sport erfährt vor den Paralympics ein Vielfaches mehr Aufmerksamkeit von den Medien als bei allen anderen sportlichen Höhepunkten wie WM, EM, deutsche Meisterschaft. Das ist immer wieder wichtig, weil viele Leute noch immer keine Ahnung haben, was Rollstuhlbasketball ist und wie spektakulär der Sport eigentlich ist.
Kleiner Disclaimer: Bisher habe ich eine 100-prozentige Erfolgsquote erfahren dürfen, dass Leute, die sich zum ersten Mal ein Spiel live angeschaut haben, auch immer ein zweites und drittes Mal gekommen sind.
Wie siehst du die Entwicklung der Inklusion im Sport und in der Gesellschaft allgemein?
Das ist tatsächlich ein schwieriges Thema. Leider sehe ich immer wieder, dass Erfolg im Sport gewünscht ist, aber dann nicht mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wird. Allgemein würde ich mir wünschen, dass der Trend, welcher weg vom Leistungsgedanken geht, wieder mehr in den Fokus rutscht und die Unterstützung erhält, welche notwendig ist. Ich denke Sport, gerade im Behindertensport, kann so viel zum Verständnis und besserem Miteinander beitragen, dass sich die Unterstützung in jedem Fall lohnt.
Welche Botschaft möchtest du jungen Menschen, insbesondere denen mit Behinderung, mitgeben?
Dabei geht es gar nicht so sehr darum, ob Behinderung oder nicht. Jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen, ob deutlich sichtbar oder nicht. Disziplin ist nicht angeboren, jedoch so unglaublich wichtig in sämtlichen Bereichen des Lebens. Daher: challenged euch selbst im Alltag und hört nie auf, dazu zu lernen.
Welche Ziele hast du dir für die Zukunft gesetzt, sowohl sportlich als auch persönlich?
Ich blicke momentan nicht zu weit in die Zukunft. Ich absolviere gerade noch mein zweites Bachelor-Studium in Psychologie – ich habe schon einen Bachelor-Abschluss in Soziale Arbeit – und werde schauen, wie lange mein Körper auf dem Leistungsniveau noch gehen kann. Persönlich wohne ich zusammen mit meiner Freundin und bin sehr zufrieden damit.
Was sind deine Pläne nach den Paralympics?
Ganz kurzfristig: direkt danach geht es für eine Woche nach Norwegen zum Entspannen. Denn direkt danach startet schon wieder die Saisonvorbereitung mit meinem Bundesligateam RSB Thuringia Bulls. Es geht also Schlag auf Schlag weiter, langweilig wird mir garantiert nicht.
Foto: Patrick Harazim